Expertenworkshop ermisst die Anfälligkeit des Weltnaturerbes Wattenmeer für den Klimawandel

Dass der Klimawandel sich auf das Wattenmeer auswirkt, ist sicher. Das Ausmaß ist jedoch noch nicht vollständig klar. Um die Anfälligkeit der Weltnaturerbestätte einzuschätzen, trafen sich internationale Expert*innen am 10. und 11. Februar 2020 in Hamburg. Die Veranstaltung war der erste von zwei Workshops, in denen eine innovative Methode zur  Risikoanalyse in Welterbestätten, der Klimaanfälligkeitsindex (Climate Vulnerability Index; CVI), angewendet wird. Der Index wurde bereits in der Shark Bay, Australien, und auf den schottischen Orkney Inseln genutzt. Die beiden Entwickler des CVI, John Day und Dr. Scott Heron von der James Cook Universität in Australien, leiteten den Workshop. Das Gemeinsame Wattenmeersekretariat (Common Wadden Sea Secretariat; CWSS) organisierte die Veranstaltung im Rahmen der Klimawandel-Adaptionsstrategie der Trilateralen Wattenmeer-Zusammenarbeit.

„Der Klimawandel ist die am schnellsten zunehmende Bedrohung für das globale Natur- und Kulturerbe – ebenso für die UNESCO-Welterbestätten“, sagt Dr. Heron. „Die Auswirkungen des Klimawandels verstärken in zunehmendem Maße eine Vielzahl anderer Belastungen, wie beispielsweise durch den zunehmenden Tourismus und veränderte Landnutzungspraktiken, welche Orte, Menschen, Arten, Ökosysteme und Werte auf der ganzen Welt belasten.“ Der Klimaanfälligkeitsindex identifiziert die speziellen Klimastressoren einer jeweiligen Welterbestätte sowie dessen Anfälligkeit in Bezug auf diese Stressoren.

Der Workshop war mit 40 Expert*innen aus Naturschutz, Wissenschaft und Natur- und Küstenschutzbehörden der drei Wattenmeerländer besetzt. Die Gruppe identifizierte die drei stärksten Klimafaktoren, die den Außergewöhnlichen Universellen Wert des Wattenmeer, der zu dessen Auszeichnung zum Welterbe, beeinflussen. Diese Stressoren, der Anstieg des Meeresspiegels, der Temperaturanstieg und die extreme Hitzeereignisse, wurden dann in ausgewählten Klimaszenarien übertragen, um die Exposition, Verwundbarkeit und Anpassungsfähigkeit des Welterbes Wattenmeer gegenüber den Bedrohungen zu bewerten. Der Temperaturanstieg wird sich zum Beispiel mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Funktion des Weltnaturerbes Wattenmeer als Brut- und Rastgebiet für Zugvögel auswirken, die unter anderem ein verändertes Nahrungsangebot vorfinden werden.

„Mit dem CVI haben wir einen umfassenden Ansatz, mit dem wir die Situation im Weltnaturerbe Wattenmeer bewerten können“, sagt Dr. Julia Busch vom CWSS, Sekretärin der trilateralen Expertengruppe Klimawandeladaption (Expert Group Climate Change Adaptation; EG-C). „Die Ergebnisse unseres Workshops werden dazu beitragen, Prioritäten für die Anpassung an den Klimawandel in der trilateralen Zusammenarbeit zu setzen. Zudem können sie in die Entscheidungen künftiger Handlungsmaßnahmen einbezogen werden, damit wir das Wattenmeer auch angesichts künftiger Bedrohungen weiter erhalten können. Mit dieser schnellen Methode haben wir zum ersten Mal eine gemeinsame Methode für das gesamte Gebiet der Welterbestätte, die wir bei Bedarf wiederholen können. Zum Beispiel, wenn neue Szenarien des Klimawandels bekanntwerden oder neue wissenschaftliche Erkenntnisse verfügbar werden.“

Die EG-C hat die 2014 von Dänemark, Deutschland und den Niederlanden unterzeichnete Klimawandel-Adaptionsstrategie vorbereitet, die als Grundlage für den Workshop dient. Die Ergebnisse des Workshops werden in die Umsetzung der Strategie und somit in die trilaterale Arbeit einfließen sowie es ermöglichen, die Auswirkungen des Klimawandels besser zu verstehen sowie sich an diese anzupassen, um den Schutz und Erhalt des Wattenmeeres zu gewährleisten.